Wie erkenne ich Milben?
Ähnlich wie Zecken erreichen die Milben erst im voll gefressenen Zustand eine Größe (ca. 1mm), bei der man sie (einigermaßen) gut erkennen kann. Vorher sind sie so winzig, dass kaum Aussicht besteht, sie zu entdecken, ehe sie das ganze Terrarium bevölkern.
Deshalb lautet die bittere Erkenntnis: Bei der ersten Wahrnehmung von Milben im Terrarium ist schon alles komplett verseucht. In den meisten Fällen kommt der Schaden ans Licht, weil die Schlange (verärgert von der Untätigkeit ihres Halters) zur Selbsthilfe greift und durch Dauerbaden die ungebetenen Gäste zu ersäufen versucht. Die durch üppige Mahlzeiten fett (und damit gut sichtbar) gewordenen Milben schwimmen dann als kleine schwarze oder dunkelrote Punkte am Boden des Wassergefäßes. Das war schon die ganze Personenbeschreibung, mehr sieht man nämlich mit bloßem Auge nicht.
An dieser Stelle gleich der erste Tipp: Verwenden Sie keine schwarzen oder dunklen Wassergefäße als Trink- und Badebecken für die Schlange. Aufgrund des fehlenden Kontrastes haben Sie sonst größte Schwierigkeiten, die Milben zu entdecken. In weißen oder hellen Becken sind die ertrunkenen Plagegeister jedoch gut sichtbar. Als Besitzer zahlloser schwarzer Wasserbehälter wissen wir, wovon wir reden...
Werden Milben schon mit bloßem Auge auf dem Körper der Schlange entdeckt, ist der Verseuchungsgrad meist schon dramatisch. Da ist es wie bei den Ratten: Auf eine, die Sie sehen, kommen hundert, die sich im Verborgenen aufhalten. Solche Plätze sind insbesondere die Innenseite des Unterschlupfes der Riesenschlange oder die Ecken des Terrariums.
Bei hochgradig befallenen Riesenschlangen lässt sich oft eine Veränderung der Schuppen um die Augen feststellen, da der Bereich zwischen den Augenschilden und den Kopfschuppen besonders gerne von Milben bevölkert wird. Wenn Sie an einer Boa seltsam "verkleinerte" Augen feststellen, ist also immer an einen massiven Milbenbefall zu denken.
Milbenbekämpfung
Eine wirksame Behandlung muss:
- die Milben auf der Schlange unschädlich machen
- die Milben im Terrarium beseitigen
- die Milbeneier außer Gefecht setzen
... und das alles, ohne dem Reptil zu schaden.
Beim letzten Punkt hakt es ein wenig, da bei jedem Mittel unerwünschte Wirkungen auftreten können. Deshalb wird niemand eine Gewähr dafür übernehmen, dass die Anwendung der nachfolgend beschriebenen Mittel zur Behandlung des Milbenbefalls bei Riesenschlangen ohne Nebenwirkungen bleibt.
Schlangenmilbe (Ophionyssus natricis), Foto: Kalle Berglof, Schweden
Dieser Wirkstoff war der Pionier in der Milbenbekämpfung und machte den Plagegeistern gründlich den Garaus (und manchmal ging die Schlange auch gleich mit über den Jordan). Es rentiert sich jedoch nicht, weiter über die Anwendung dieser Substanz zu referieren, da Neguvon mittlerweile nicht mehr zugelassen ist und daher vom Markt genommen wurde (Dr. Kirmair, Veterinär beim Landratsamt Mühldorf/Inn und Fachtierarzt für Reptilien, pers. Mitteilung).
Olivenöl und andere Öle
Die Veteranen der Riesenschlangenhaltung verpassten vor 30 oder 40 Jahren ihren milbenbefallenen Lieblingen eine Salbung mit Olivenöl, das diese nur so glänzten. Mangels ordnungsgemäßer Atmung erstickten zwar die Milben im Öl, aber für die Hautatmung (die auch bei Riesenschlangen stattfindet) war diese Vorgehensweise auch nicht das Wahre.
Ganz zu schweigen von den Problemen die bei der nächsten Häutung auftraten, weil die Reibung nicht mehr so richtig funktionierte. Also: Bitte die Schlange nicht einölen, auch wenn sie danach schön glitschig ist, so wie sich die meisten Leute das in ihren Alpträumen vorstellen.
Dichlorvos
Insektenstrips mit dem Wirkstoff Dichlorvos waren die effektivste und einfachste Methode um den Schlangenmilben den Garaus zu machen. Leider hat die EU Kommission entschieden, diesen Wirkstoff, der 1951 Einzug in die Schädlingsbekämpfung gefunden hatte, keine Zulassung mehr zu geben (Entscheidung der Kommission über die Nichtaufnahme von Dichlorvos in Anhang I der Richtlinie 91/414/EWG des Rates und den Widerruf der Zulassungen für Pflanzenschutzmittel mit diesem Wirkstoff). Deshalb dürfen alle Mittel, die Dichlorvos enthalten, seit Mitte 2012 nicht mehr gehandelt werden. Unserer Meinung nach ein schwerer Schlag für jeden Schlangenhalter, der künftig mit Milben zu tun hat.
Raubmilben (Hypoaspis miles)
Mit dieser neuen, biologischen Methode wird sozusagen Feuer mit Feuer bekämpft. Die Raubmilben H. miles sind effektive, bodenlebende Räuber mit einem sehr breiten Beutespektrum, zu dem unter anderem auch Schlangenmilben gehören. Sie sind deshalb optimal für den Einsatz in Terrarien, wenn keine akariziden Wirkstoffe eingesetzt werden sollen, sondern die biologische Bekämpfung angestrebt wird. Bei 25°C dauert die Entwicklung vom Ei bis zum geschlechtsreifen Nützling etwa 12 Tage, wobei alle aktiven Stadien räuberisch sind. Eier und Nymphen sind weiß, ausgewachsene Raubmilben hingegen sind braun und bis zu 1 mm groß. Eine Raubmilbe frisst pro Tag 5 Blutmilben und legt täglich bis zu 3 Eier. Auf diese Weise pendelt sich das biologische Gleichgewicht zu Gunsten der Raubmilben und zum Schaden der Blutmilben ein. Ein sichtbarer Erfolg tritt bereits nach wenigen Tagen auf. Innerhalb einiger Wochen sind in vielen Fällen die Blutmilben völlig ausgerottet. Bei sehr hohem Anfangsbefall ist nach ca. 6 Wochen eine Anschlussbehandlung mit weiteren Raubmilben empfehlenswert. Bei mangelnder Beute kann Hypoaspis miles mehrere Wochen hungern, deshalb ist ein vorbeugender Einsatz dieser Raubmilben möglich.
ANWENDUNG: Terrarienbesitzer müssen sich mit dem Problem auseinandersetzen, dass die Blut- oder Schlangenmilben sehr lange - mitunter ein halbes Jahr lang - ohne Nahrung im Terrarium überdauern können. Bietet sich die Gelegenheit, heften sich die Milben zwischen den Schuppen der Reptilien fest und saugen sich etliche Male an deren Blut satt. Hypoaspis miles, die "guten Milben" werden in einem Torf-Vermiculite-Gemisch geliefert, das in Häufchen auf den Käfig-/Terrarienboden gestreut und feucht gehalten wird.
Die Mischung enthält bereits ausgewachsene Nützlinge wie auch Eier und Larven, die nach und nach schlüpfen. Sowohl die Larven wie auch die fertigen Insekten suchen sofort nach der Ausbringung nach den Blutmilben und fressen diese. Sobald die Raubmilben auf die Bildfläche treten, verlassen die Blutmilben irritiert ihre Verstecke und "wuseln" durch den Käfig oder durchs Terrarium. Sie als Käfigbesitzer sehen dadurch zunächst einmal viel mehr Blutmilben als vorher. Seien Sie unbesorgt, denn dies ist ein gutes Zeichen, denn die aus ihren Verstecken getriebenen Schädlinge sind nun noch leichtere Beute für die Raubmilben! Schon nach weiteren zwei bis drei Tagen werden Sie einen kontinuierlichen Rückgang an Blutmilben feststellen. Einzige Bedingung: Die Umgebung der Raubmilben muss feucht gehalten werden und die Temperatur sollte nicht unter 15° C fallen!
WICHTIG! Erst am Ausbringungsort öffnen! Raubmilben nicht berühren, nicht drücken und am Abend des Erhalts ausbringen! Gekühlt (8-12 °C) nach Erhalt ca. 3 Tage lagerbar! Verteilen Sie das Gemisch aus Trägermaterial und Nützlingen in kleinen Häufchen (pro Häufchen 4 Esslöffel) auf dem Boden des Käfigs oder des Terrariums. Legen Sie ein feuchtigkeitsspeicherndes Material (zum Beispiel feuchtes Schwammtuch) unter, damit die Raubmilben sich gut vermehren können. Falls die Gefahr besteht, dass die Nutztiere die Häufchen verscharren, können Sie eine Untertasse darüberlegen. Eine Seite des Randes auf ein kleines Stöckchen legen, damit die Nützlinge einen Schlitz zum Herauskrabbeln vorfinden! Bitte verteilen Sie die gesamte Packung. Sie können die Nützlinge sowieso nach Erhalt nur wenige Tage aufbewahren, so dass ein "Einteilen" keinen Sinn ergibt. Im Gegenteil: Ohne Beute fressen sich die Raubmilben untereinander auf.
Boa constrictor Milben | Milbenbekämpfung | Boa hat Milben | Boa constrictor hat Milben | Frontline | Dichlorvos | Baygon | Blattanex | Terrarium entmilben | Milben töten | Milbeneier | Boa constrictor Milbenproblem
ACHTUNG:
Falls Sie bereits mit chemischen Milbenbekämpfungsmitteln gearbeitet haben, müssen Sie eine Wartezeit von mindestens 6 Wochen einhalten, bevor Sie Raubmilben ausbringen können. Stellen Sie bitte auch die Fütterung von knoblauchhaltigen Nahrungsergänzungsmitteln ein, da dies die Wirksamkeit der Raubmilben beeinträchtigen kann. Sollte der Blutmilbenbefall bereits sehr stark sein, sollten Sie einen Tierarzt befragen, ob ein Einsatz von Raubmilben noch erfolgversprechend ist. Unter Umständen kann bei akutem Anfangsbefall der Behandlungserfolg mit Nützlingen ausbleiben.
Es versteht sich von selbst, dass nach erfolgreicher Behandlung das komplette Terrarium ausgeräumt und gesäubert werden muss.
Wir bedanken uns bei www.schneckenprofi.de für die Informationen zum Thema Raubmilben und wollen auch nicht verschweigen, dass Sie bei Bedarf diese Tierchen auch dort bestellen können.
Frontline®
Zur Milbenbekämpfung bei Riesenschlangen wird häufig auch Frontline® (Wirkstoff: Fipronil) verwendet. Es ist darauf hinzuweisen, dass Frontline® für die Anwendung bei Reptilien keine Zulassung hat. Es ist zwar wirksam, dennoch kann die Verträglichkeit bei den einzelnen Arten oder Individuen nicht vorhergesagt werden.
Interessant finden wir die Art und Weise, wie der Wirkstoff den Milben den Garaus macht. Fipronil wirkt als Kontaktgift und hemmt den GABA (= Gamma-Amino-Buttersäure) Rezeptor im Zielorganismus. Was das heißt? Während viele Gifte eine Lähmung des zentralen Nervensystems verursachen, bewirkt Frontline® genau das Gegenteil: Es kommt zu einer Übererregung. Salopp ausgedrückt könnte man sagen, dass die Milben nach dem Kontakt mit Fipronil permanent im roten Drehzahlenbereich sind und solange herumgasen, bis sie völlig erschöpft versterben.
Wie bei dem nicht mehr erhältlichen Dichchlorvos, dem Veteran der chemischen Kriegsführung gegen Milben, ist es leider auch bei Frontline® so, dass die Eier nicht beeinträchtigt werden.
Schlangenmilbe (Ophionyssus natricis), Foto: Kalle Berglof, Schweden
Doch nun zur Anwendung von Fipronil:
Frau Dr. Petra Kölle vom Institut für Zoologie, Fischereibiologie und Fischkrankheiten der Universität München empfiehlt in einer Veröffentlichung („kleintier“, Enke Verlag 2/00) die Flüssigkeit auf die mit einem Einmalhandschuh versehene Hand aufzusprühen und das zu behandelnde Tier dann leicht damit einzureiben. Laut Frau Dr. Kölle wurde das Spray von allen auf diese Weise behandelten Reptilien bisher gut vertragen.
Wesentlich ausführlicher fällt der Behandlungsvorschlag von Ian Calvert, Zetland Veterinary Group BRISTOL, aus. Leider ist dieser Vorschlag nach unserer Ansicht in weiten Teilen praxisfremd, wenn nicht sogar undurchführbar. Calvert empfiehlt zum Beispiel, das Terrarium für 3 – 4 Stunden auf 95° zu erhitzen (und das mehrmals in Abständen von 3 – 4 Wochen), nachdem es vorher gründlich mit Frontline® eingesprüht wurde.
Da die meisten Riesenschlangenterrarien wohl nicht in den Backofen oder in die Mikrowelle passen, wird es bei der von Calvert empfohlenen thermischen Kriegsführung etwas schwierig.
Wir beschränken uns daher auf das, was uns aus seiner Abhandlung verwertbar erscheint:
Die Schlange ist zu wiegen. Tiere mit mehr als 500g sollten mit 6 Pumpstößen pro kg Körpergewicht aus der 100ml Flasche behandelt werden (davon jeweils ein Sprühstoß hinter Kopf und Kloake). Es empfiehlt sich, die Augen des zu behandelnden Tieres mit einer Augensalbe zu schützen.
Bei Tieren unter 500 g sollte die Spraylösung 1:1 mit Alkohol verdünnt werden. Das geht so: 0.5 ml FrontlineÒ (=1 Pumpstoß) werden mit 0.5 ml Alkohol verdünnt. Pro 20g Körpergewicht der Schlange verwenden Sie 0,1 ml dieser Verdünnung, die vorher gut geschüttelt werden muss.
Die Lösung kann mit einer Insulinspritze auf die Schlange aufgeträufelt oder mit Handschuhen, Papiertüchern, Wattebäuschen oder Q-Tipps aufgetragen werden. Bei der erstmaligen Behandlung, sollte insbesondere bei Jungtieren in Erwägung gezogen werden, mit reduzierter Dosis zu arbeiten.
Da Alkoholdampf die Lungen schädigt, darf die Riesenschlange nach der Behandlung nicht in das Terrarium oder in eine ungelüftete Box gesetzt werden. Zur vorläufigen Unterbringung für die nächsten paar Stunden empfiehlt sich ein grobmaschiger Stoffbeutel. (Hinweis der Verfasser: das Zimmer, in dem Sie die Schlange „auslüften lassen“ muss natürlich gut temperiert sein).
Die Wirkung von Frontline® auf die Fettschicht wurde nicht geprüft. Bei einer Beschädigung der epidermalen Fettschicht kann der kutane Wasserverlust bis auf das 15fache ansteigen. Daher muss sichergestellt sein, dass die Boa nach der Anwendung Zugang zu einem Schlupfwinkel mit hohem Feuchtigkeitsgehalt hat. Ian Calvert empfiehlt, die Anwendung 3 – 4mal, in 3- bis 4-wöchigen Abständen zu wiederholen.
Dem Behandlungsvorschlag zufolge soll die Anwendung von Fipronil in folgenden Fällen unterlassen oder verschoben werden:
- Bei allgemein erkrankten Tieren
- Bei zeitgleich mit Fluoquinolonen (z. B. Enrofloxacin=Baytril) behandelten Schlangen
- Bei Boas die gerade zur Zucht verwendet werden
- Bei in Häutung befindlichen Schlangen
Alarmierend ist der Hinweis, dass es zu Atemproblemen und sogar Todesfällen nach der Anwendung bei Boa constrictor Babys kam. Also: Vorsicht!
Mit Dichlorvos und Fipronil haben wir Ihnen die nach unserer Meinung am besten geeigneten Mittel zur Bekämpfung der Schlangmilben vorgestellt. Es gäbe noch weitere Anwendungen, deren Wirksamkeit aber entweder zweifelhaft ist, oder aber medizinische Grundkenntnisse in der Verabreichung voraus setzen.
Zum Schluss dieses Kapitels wollen wir noch die Frage beantworten, wie man die Milben aus dem Terrarium bekommt.
„Entmilbung“ des Terrariums
Während bei der Anwendung von dem (leider viel zu früh von uns gegangenem) Dichlorvos Schlange und Terrarium praktisch in einem Aufwasch von Milben befreit wurden, sind bei der Frontline Behandlung noch gesonderte Maßnahmen für das Terrarium erforderlich.
Diese gestalten sich umso schwieriger, je aufwändiger ein Schlangenbehältnis eingerichtet ist. Daran sollten Sie denken, bevor Sie Ihr Terrarium in eine Miniaturausgabe des tropischen Regenwaldes im Amazonasbecken verwandeln.
Zunächst einmal muss der gesamte Bodengrund heraus und in den Mülleimer. Als nächstes kommen alle Gegenstände dran, die nicht mit dem Korpus verschraubt oder verklebt sind. Korkrinden und Äste werden am besten weggeworfen; Tontöpfe und Wasserbehälter aus Keramik wandern in den Backofen.
Möglicherweise wird die Ehefrau Protest einlegen weil sie meint, ein vermilbter Tontopf gehöre nicht ins Bratrohr. Doch keine Panik, Sie brauchen nur darauf zu warten, bis sich Ihre Angetraute nach einer halben Stunde lautstarker Auseinandersetzung wutentbrannt auf den Weg zu ihrer (frisch geschiedenen) Freundin gemacht hat. Dann können Sie den Backofen füllen.
Das Terrarium und Gegenstände aus Plastik (wie z. B. Bade- und Trinkbecken) wässern Sie anschließend mit 100 Isopropylalkohol aus der Apotheke ordentlich ein. Am besten eignet sich hierfür eine Pumpsprühflasche, wie sie auch für die Pflege von Pflanzen verwendet wird. Der „Alk“ macht sowohl die Milben (auch die trinkfesten) als auch deren Eier nieder.
Nach einer Einwirkungszeit von mehreren Stunden muss das Terrarium mit klarem Wasser gründlich gereinigt und gut ausgelüftet werden. Nun kann die Schlange wieder einziehen.